Wer töpfert am meisten?

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Töpfermobil
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Registriert: Mittwoch 25. Januar 2017, 23:21

Wer töpfert am meisten?

Beitrag von Töpfermobil »

Moin,
was ist eure Wahrnehmung, töpfern eher mehr Frauen oder Männer?
Also, bezüglich Leute, die davon leben.

Das soll jetzt keine repräsentative Studie werden. Die Frage kam nur vorhin als Art Spaß-Fakt in meinen Kopf. Mein "gefühlter" Eindruck ist eher Gleichstand aber ehrlich gesagt treibe ich mich nicht auf Märkten/Workshops/Kursen herum und habe keinen Überblick.
Und ich könnte mir vorstellen, dass sich das im Laufe der Jahre gewandelt hat?! Waren es in den 70ern zum "Boom" mehr Männer oder Frauen?
hille
Beiträge: 1194
Registriert: Donnerstag 24. August 2006, 10:29

Re: Wer töpfert am meisten?

Beitrag von hille »

Traditionell war Töpfer ein reiner Männerberuf, Frauen waren zum Henkeln und Dekorieren da.
Als ich Ende der 80er meine Ausbildung in einer traditionellen Werkstatt begann, da hatte zwar die Tochter mangels Interesse der anderen Geschwister die Töpferei übernehmen dürfen. Sie hatte aber keine Ausbildung als Keramikerin machen dürfen, weil sie ja "nur" eine Frau war und beschäftigte daher einen angestellten Töpfermeister, um den Betrieb überhaupt führen zu dürfen.
Bei meiner Suche nach einer Lehrstelle bekam ich auch noch öfter zu hören, man hätte ja viel lieber einen jungen Mann, aber die interessierte das halt nicht. Also blieb den Betrieben nix anderes übrig, als junge Frauen auszubilden. :green: In meinem Berufsschuljahrgang waren wir ca. 50, davon ein Mann. Der Beruf ist über die letzten Jahrzehnte zu einem ausgesprochenen Frauenberuf geworden. Wobei es bei den selbständigen Keramikern und Keramikerinnen nicht so krass ist, da die paar Männer, die die Berufsausbildung gewählt haben, nachher eher dabei geblieben sind als die Frauen. Außerdem habe ich den Eindruck, dass es im Osten auch mehr Männer gab, die Töpfer werden wollten, weil es auch eine kleine gesellschaftliche Nische war. Und das wirkt dann heute noch nach.
Töpfermobil
Beiträge: 46
Registriert: Mittwoch 25. Januar 2017, 23:21

Re: Wer töpfert am meisten?

Beitrag von Töpfermobil »

Danke für den Einblick! Ach krass, dass es so strikt getrennt war, wusste ich nicht. Dann waren in den bestimmenden Gremien/Vorständen wahrscheinlich auch überwiegend Männer? Und heute? Vermutlich spielt auch immer noch ein Altersgefälle mit rein, oder?
Jedenfalls spannend. Die Ungelernten, als Hobbyistinnen anfangenden scheinen aktuell jedenfalls deutlich mehr in der Überzahl zu sein. Wie viele davon aber richtig leben (wollen), steht ja auf einem anderen Blatt. Oder vielleicht spielt mir social media auch einen Streich und verfälscht die Wahrnehmung?!
Bin gespannt, wo unser Beruf in 20 Jahren steht... Welche Bedeutung er dann haben wird...
hille
Beiträge: 1194
Registriert: Donnerstag 24. August 2006, 10:29

Re: Wer töpfert am meisten?

Beitrag von hille »

Interessanterweise war und ist Töpfern dort, wo es für den Eigenbedarf gemacht wird, eigentlich immer eine Frauentätigkeit. Wenn es also um das Geschirr und die Töpfe geht, die im eigenen Haushalt gebraucht werden. Und da machen Frauen in den Gesellschaften, wo das noch so ist, auch immer alles selber, also Ton graben, aufbereiten, formen, dekorieren und brennen. Das ist dann Aufbaukeramik. Sobald eine Scheibe ins Spiel kam und die Produktion zum Verkauf stattfand, haben es dann die Männer gemacht, wie bei praktisch allen Berufen. Wenn Frauen noch mitgearbeitet haben, zählte das nicht so richtig, halt Henkeln und Dekorieren - "Weiberkram".
Aber wie gesagt, wenn man guckt, dann hatten Frauen wohl immer schon eine Affinität zum Töpfern. :)

Heute ist das mit den Gremien so eine Sache, es gibt ja praktisch keine mehr. Man braucht seit Änderung der Handwerksordnung vor 20 Jahren ja keinen Meister mehr, um selbständig als Keramiker zu arbeiten. Und Lehrlinge kannst du mit der Lupe suchen. Von daher braucht es auch keine traditionellen Handwerkstrukturen mehr wie Innungen. Es gibt noch ein paar, aber das ist alles auch anders als früher.
mocca
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Registriert: Donnerstag 7. August 2008, 20:52
Wohnort: Bayern

Re: Wer töpfert am meisten?

Beitrag von mocca »

Das ist ja eine interessante Frage :-)

Ich habe auch in den 80er Jahren meine Ausbildung gemacht. In dem Ausbildungsbetrieb war das Verhältnis Frauen:Männer ca. 1:1. Aber das war auch ein Betrieb, der Baukeramik produzierte. Also fast ausschließlich Kacheln, Simse, Lisenen & Co für Kachelöfen. Richtig große und schwere Teile teilweise.

Es gab 2 parallele Berufsschulklassen mit zusammen knapp 50 Azubis. Da sah das Verhältnis dann ganz anders aus. Es gab zusammen 3 Männer, die sich für die Berufsausbildung entschieden hatten.

Als ich in der Meisterschule war - Ende der 80er Jahre - gab es in der Klasse 2 Kollegen.

Vor ein paar Jahren gab es ein Klassentreffen der Meisterschulabsolventen. Ich konnte leider nicht teilnehmen - aber eine ehemalige Kurskollegin hat mitgeteilt, dass sie dort war. Viele aus dem Kurs verdienen ihre Brötchen mit ihrer Keramik - aber es haben auch mind. 2 Kolleginnen den Beruf aufgegeben und etwas anderes gelernt. Von einem ehemaligen Kollegen weiß ich, der aktuell noch eine Keramikwerkstatt betreibt.
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