Temperaturunterschiede

Maschinen, Werkzeuge, Tone etc.
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Sefra
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Temperaturunterschiede

Beitrag von Sefra »

Meine Werkstatt liegt auf 680 m über dem Meeresspiegel und ich brenne mit einem Gas-Toplader, der in einem halboffenen Schuppen steht. Beim Schrühbrand auf 950°C habe ich regelmässig einen Temperaturunterschied von 20-30 °C zwischen Ortonkegeln und meinem Digitalmessgerät ( Kegel für 950°C ist um und Anzeige steht bei 920°C). Beim Glattbrand auf 1100°C liegt die Differenz jedesmal zwisch 80 - 100°C). Kann mir jemand sagen, ob das vielleicht mit den Höhenmetern zutun hat ( der Siedepunkt von Wasser sinkt ja auch je höher man ist) ?
reinerlie
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Registriert: Samstag 4. April 2015, 11:33

Re: Temperaturunterschiede

Beitrag von reinerlie »

Dann schau mal auf die Seite von Carl Jäger. Der gibt an, dass die Fallpunkte seiner Kegel um 20...35°C niedriger liegen.
Gruß
Gasbrenner
Beiträge: 334
Registriert: Donnerstag 19. Februar 2015, 09:07

Re: Temperaturunterschiede

Beitrag von Gasbrenner »

Bezüglich der Messungen mit Thermofühler und Kegel:

Der Thermofühler misst, wenn er für den Temperaturbereich geeignet, richtig verkabelt und mit dem richtigen Anzeigegerät verbunden ist, ziemlich genau die Temperatur, die zu einer bestimmten Zeit an der Sondenspitze anliegt.

Der Kegel misst nicht die Temperatur, sondern er fällt abhängig vom Grad der Sinterung. Die Sinterung wird von den Faktoren Temperatur und Zeit beeinflusst. Es gibt Normbrennkurven, bei denen sich der Fallpunkt genau einer Endtemperatur zuordnen lässt. Diese orientieren sich aber eher an sehr schnellen Industriebränden. In der Regel brennen wir viel langsamer, so dass der Faktor Zeit bei der Sinterung stärker zum Tragen kommt. Deshalb fallen die Kegel bei uns häufig vor Erreichen der angegebenen Temperatur.

Es ist genau wie mit der Sinterung des Tons. Wenn man Steinzeugton früher tagelang in holz- oder kohlebefeuerten Öfen gebrannt hat, die sich für die letzten 50 Grad viel Zeit ließen, reichten teilweise Temperaturen deutlich unter 1200°C aus um eine Sinterung zu erreichen, für die wir in unseren heutigen Öfen über 1250°C gehen müssen.

Kegel sind prima um z.B. die Temperaturverteilung im Ofen zu ermitteln und ich habe früher bei Öfen mit wechselndem Besatz und unterschiedlichen Aufheizraten immer nach Kegel gebrannt

Es lohnt sich mit den Kegeln gerade dann zu experimentieren, wenn die Brände gut laufen, um Erfahrungswerte zu haben, an denen man sich ggfs orientieren kann, wenn mal Probleme auftauchen.
fritz-rs

Re: Temperaturunterschiede

Beitrag von fritz-rs »

Seger-Kegel, Orton-Kegel, auch PTCR-Ringe,
geben nicht unabhängig von der Aufheiz- und Haltezeit, exakte Werte der erreichten Temperatur wieder.

Das klappte bisher so einigermaßen im E-Ofen mit einer typischen Brennkurve.
Meine Experimente mit dem großen Gasofen, aber auch die sehr kurzen Aufheizzeiten* mit dem kleinen Probeofen bringen so erhebliche Abweichungen von dem vom Thermoelement angezeigten Wert, daß damit letzlich keine auch nur einigermaßen verwendbare Anzeige erreicht werden kann.
Ich habe lt. TE 1290° im Probeofen geheizt und der PTCR Ring zeigt 1230° an = Ø 19,10 mm ;( T=1300°/Ø 19,01mm); (T=1280°/Ø 18,92mm).
Fazit ist für mich, das sehe ich am Zustand von bekannten Glasuren, daß das TE ( Pt/PtRh, Typ S) die zuverlässigste Meßmethode ist.

Gestern, auch heute, habe ich Probeplättchen, 3-4mm stark, für Glasurproben, im Probeofen geschrüht.
Die Plättchen habe ich am Abend des Vortages hergestellt, über Nacht antrocknen lassen und von 10,50h bis 11,45h, mit 30 Minuten bis 600° und dann voller Leistung auf 980°C geheizt. Sie sind heil geblieben. PTCR-Ringe habe ich für diesen Temperaturbereich nicht.

Gruß Fritz
hille
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Registriert: Donnerstag 24. August 2006, 10:29

Re: Temperaturunterschiede

Beitrag von hille »

Warum die angegebenen Temperaturwerte bei den Orthonkegeln so weit von der Realität liegen, werde ich nie verstehen. Eigentlich müsste so eine Temperaturtabelle doch leicht zu korrigieren sein... *seufz* Bei den Segerkegeln hat ja auch keiner von uns verlangt, vom angegebenen Brennbereich noch 20-35° abzuziehen, aber sei's drum. Ich kann die Aussage der Firma Jäger nur bestätigen und verwende eben die nächsthöheren Kegel.
Fotomanni
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Re: Temperaturunterschiede

Beitrag von Fotomanni »

Bei Matthes sind ja die Temperaturen der Kegel abhängig von der Aufheizgeschwindigkeit angegeben. Aber dazu mal eine Frage: Ist der Kegel (oder Rind) nicht verlässlicher weil ja auch Ton und Glasur abhängig von der Aufheizgeschwindigkeit reagieren?
Viele Grüße vom Rand der Welt
Manfred
Gasbrenner
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Re: Temperaturunterschiede

Beitrag von Gasbrenner »

Zu den Segerkegeln:

Die sind nun mal hinterm Pflug und stammten in ihrer Konzeption noch aus einer Zeit als von den Hauptkunden in Industrie etc. noch recht gemächlich aufgeheizt wurde. Heute werden Masseversätze so optimiert, dass z.B. Wandfliesen ohne Schrühbrand in 35 Minuten durch den Rollenofen schießen und auch großformatige Bodenfliesen in weniger als einer Stunde von roh über 1250°C bis zur Verpackung rollen. Die heutigen Kegel tragen dem Rechnung und sind allgemein für schnellere Heizraten ausgelegt.

Dennoch sind die heutigen Kegel gut zu gebrauchen, wenn man sich seine Werte rechtzeitig ermittelt und weiß dass die eigene Ware bei Kegelfallpunkt x, entsprechend Anzeigetemperatur y gut wird.
Dann kann man, z.B. beim Brand in einem anderen Ofen mit veränderter Heizrate nach Kegel ausbrennen und hat die Chance, ein ähnliches Ergebnis zu bekommen.
Sehr erhellend sind die auch, um mal zu schauen, wie denn die Temperaturverteilung im Ofen so ist.
Sefra
Beiträge: 6
Registriert: Samstag 5. März 2011, 11:58

Re: Temperaturunterschiede

Beitrag von Sefra »

Herzlichen Dank für alle eure Antworten.
Mittlerweile habe ich für meinen Ofen und die Temperaturunterschiede ein ganz gutes Gespür entwickelt und mit den Ergebnissen bin ich auch zufrieden. Die Erläuterung von gasbrenner fand ich sehr aufschlussreich, danke. Mich hatte einfache interessiert, ob sich die Brennbedingungen bei einem Gasofen ändern jenachdem auf welcher Höhe er steht ( "unten" am Meer oder "oben" auf einem Berg) oder ob das egal ist.
reinerlie
Beiträge: 135
Registriert: Samstag 4. April 2015, 11:33

Re: Temperaturunterschiede

Beitrag von reinerlie »

Hi,
als die Frage auftauchte habe ich 2 PTCR-Ringe immer wieder verwendet.
Gemessene Temperatur; (E- Ofen; mit Thermoelement) 1230°C; 30min Haltezeit.
1. Brand: Ø19,17 = 1216°C
2. Brand: Ø18,97 = 1242°C
3. Brand: Ø18,84 = 1256°C
4. Brand: Ø18,74 = 1267°C

Nur mal zu Info
reinerlie
fritz-rs

Re: Temperaturunterschiede

Beitrag von fritz-rs »

Ich komme mit Kegeln und Ringen immer weniger klar, seit ich mit Gas brenne.

Wie ich schon geschrieben hatte, waren im schnellen Probeofen Differenzen zwischen Thermoelement und PTCR-Ring um 50°C.
Damit sind die Ringe für mich nicht brauchbar.
Ich brenne jetzt mit einem 2. TE zur Kontrolle und habe nur sehr geringe Differenzen unter 10°C, wohl, weil die beiden TE unterschiedliche Mantelrohre haben.

Kann es sein, daß die PTCR-Ringe, je nach Charge, unterschiedliche Reaktionen zeigen?
Meine Tabelle zeigt zu den Ø andere Temperaturwerte an.

Gruß Fritz
reinerlie
Beiträge: 135
Registriert: Samstag 4. April 2015, 11:33

Re: Temperaturunterschiede

Beitrag von reinerlie »

Die Chargen der Ringe werden sich sicher unterscheiden. Deshalb bekommt man ja zu jeder Charge die entsprechende Tabelle.
Gruß Reinhard
nicht mehr angemeldet

Re: Temperaturunterschiede

Beitrag von nicht mehr angemeldet »

Also,

Ferro gibt einiges an nützlicher Info zu den PTCR Ringen und unterschiedlichen Chargen:

http://www.ferro.com/nr/rdonlyres/7ebf5 ... tcrq_a.pdf

und Orton einiges zu den Aufheizgeschwindigkeiten, auch unter FAQ

https://www.ortonceramic.com/

Bild

Entscheidend ist dieser Hinweis oben im Chart:


Bild


Das bedeutet:


As a rule of thumb, one can calculate the effective heating rate by determining the total time the ware is subjected to the last 100°C in temperature. As an example, assume that the kiln was heated to a top temperature of 1200°C and it took the kiln 2.5 hours to go from 1100°C to 1200°C. If the kiln was held at 1200°C for 1 hour and then cooled from 1200°C to 1100°C in 0.5 hours, then the total time for the top 100°C would be 4 hours. The effective heating rate is estimated by dividing 100°C by 4 or 25°C per hour. [...]


Bei mir kommt das hin, stimmt so.

Hold time also affects the bending or deformation of Pyrometric cones. Generally, firing to an equivalent temperature for a cone and then soaking for about 1-2 hours will be sufficient heat work to deform the next higher cone number. Additional soaking of 4-6 hours will deform the following cone, and some 16-20 additional hours will be required to deform the next higher cone in the series. [...]

Fritz, hier etwas zu offener Flamme wie auch reduzierender Atmosphäre - gilt natürlich für die Ringe genauso:

Kiln Atmosphere

The ceramist knows that kiln atmosphere can have major affect on reactions and the properties of his ware. Since cone deformation is brought about by thermochemical reactions, they can be expected to be affected by the atmosphere in which they are used. Fortunately, the conditions that influence product properties generally have related effects on cone behavior, so that the relative behavior of cones does not change and they are still a useful tool for evaluating temperature distributions within the firing zone of a kiln. The environmental conditions in a kiln most likely to influence cone behavior are:

Degree of oxidation or reduction
Presence of sulfur gases
Presence of water vapor
Flame impingement on the cones
Radiation effects involving hotter or cooler surfaces nearby
Drafts (cool air) in the kiln

[...] Cones and most ceramics will generally mature sooner, or at a lower temperature, when fired in a reducing atmosphere as compared with oxidizing conditions. Pre-calcining cones may alter deformation characteristics if they are heated into a region where glass begins to form, so users requiring such treatment should establish their own procedures and controls through testing.

The practice of “flashing” a kiln (alternate oxidizing and reducing atmospheres) does not normally have an adverse effect on cone deformation.

Kiln atmospheres which are either sulphurous or reducing may cause some cones to develop a rigid “shell” with an interior that becomes fluid, therefore, producing erratic deformation. This shell occurs due to a change in the chemical composition of the cone surface.
[...] “Hard shelling” may also be encountered with regular cones O10 through O3 in a high velocity or prolonged firing in a combustion atmosphere. This type of “hard shelling” is caused by volatilization of boric oxide from one of the raw materials, glass frit, in the presence of high moisture air. “Hard shelling” causes cones to deform at higher than normal temperatures. Severely “hard shelled” cones do not bend in an arc but fall over stiffly like a fallen tree. They have a dry matte surface and sharp edges. [...] The presence of water vapor, particularly in large quantities, will also influence cone behavior. In fact, even in small amounts, it can cause a cone to deform sooner than normal. The reason for this is that water vapor diffuses into ceramic materials during firing and causes changes in the vitrification process¹. This is the main reason that cones exhibit a different behavior in electric and non-muffled gas kilns. Even though water vapor in the products of combustion can run as high as 19%, it does not necessarily detract from the usefulness of cones because comparable behavior usually occurs in the properties of the ware. [...] Fly ash from solid fuel may settle on the cone and to some extent influence its deformation. Likewise, volatile products such as salt fumes, lead, and zinc compounds may produce a surface glaze on the cone, which may or may not influence behavior. The cutting action of flames can cause cones to develop melted tips or behave in other cause abnormal ways. If possible, cones should be protected from flame impingement and kiln drafts.

Radiation from hotter surfaces, or, if the cones are placed close to cooler surfaces, may also affect cone deformation, and, so far as is practical, cones should be protected from this condition as should the ware.


Leider gibt es keine deutsche Entsprechung für den englischen Begriff "Heatwork" (oder kennt jemand einen, ohne die Notwendigkeit weiterer Erklärungen?)

https://en.wikipedia.org/wiki/Heatwork
... is not a precise measurement or a valid scientific concept
Notfalls übersetz ich den Kram. Aber bitte nur, wenn wirklich nötig :wink: Weihnachten droht

Ulrike
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