KeramikerInnen in der Tradition von Bernard Leach in Deutschland?

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Tongrube
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KeramikerInnen in der Tradition von Bernard Leach in Deutschland?

Beitrag von Tongrube »

Hallo zusammen,

es fällt mir schwer, mein Anliegen in Worte zu fassen und ich fürchte, dass sich der eine oder die andere vor den Kopf gestoßen fühlen könnte. Darum möchte ich vorweg sagen, dass es mir nicht darum geht, zu provozieren, sondern eher Menschen zu finden, die ähnlich ticken und von denen ich vielleicht lernen oder mit denen ich mich austausche könnte.

Meine Kernfrage ist: gibt es Keramikerinnen oder Keramiker, Töpferinnen oder Töpfer in Deutschland, die in der Tradition von Leach und Hamada arbeiten?

Um zu verdeutlichen, was ich meine (und was mich fasziniert), ist vielleicht ein wenig "name dropping" hilfreich: ich meine TöpferInnen, die so arbeiten wie zB. Richard Batterham, John Jelfs, Jim Malone, Phil Rogers oder Lisa Hammond in England oder Warren McKenzie u.a. in den USA.
Die Objekte sind Alltagswaren oder Formen, die sehr eng an diese angelehnt sind, die durch ihre scheinbare Einfachheit bestechen und doch hoch komplex sind und damit an eine jahrhundertealte Tradition anknüpfen (soweit mein mickriger Versuch, meine Faszination in einen Satz zu pressen).
Die Kritik und die Galerien nennen das dann "anglo-asiatische Tradition" und nach ungefähr 100 Jahren darf man ihnen diesen Titel wohl gönnen.

Allein: ich habe bisher fast niemanden in Deutschland gefunden, der oder die Vergleichbares macht. Norbert Hombergen in Essen wäre evtl. jemand (kenne ich nur die homepage) und ich besitze eine Tasse einer Töpferei aus Süddeutschland, die ich leider nicht mehr wiederfinde, die in die Richtung geht. Aber sonst fand ich nicht viel und ich habe bereits stumpf über die Listen auf den Seiten von Töpfermärkten (Aussteller) oder Verbänden gesucht.

Überspitzt gesagt (und hier fängt der Fettnäpfchenteil an: bitte meine Worte nicht auf die Goldwaage legen!) scheint es v.a. zwei Fraktionen zu geben: eine macht Kunst im eigentlichen Sinne, also Objekte, die keinen Gebrauchswert im alltäglichen Sinne haben oder Gebrauchskeramik, die v.a. gefällig ist. Dann noch einige - mir fallen Jan Kollwitz oder Hendrik Schöne ein - die sich dezidiert an japanischer Keramik orientieren.

Liegt das daran, dass es für Gebrauchskeramik, die das benötigt, was Jim Malone in einem Interview als "acquired taste" bezeichnet (ich würde das mal mit "geschultem Geschmack" übersetzen), in Deutschland schlicht keinen Markt gibt - und das die professionellen TöperInnen, die mit soetwas in den 1970er Jahren angefangen haben (als das Buch und der Ansatz von Leach hier populär gewesen sein müssen) solche Arbeitsweisen wieder aufgegeben haben, weil sie wirtschaftlich überleben mussten?
Oder daran, dass man - auch seitens der Akademien - das standing der (Studio-)Töpferei v.a. über den Weg in die reine Kunst (also eher in Richtung Skulptur, etc.) pushen wollte und will, sich der Ansatz von Leach hier also nie durchsetzen konnte?
Oder machen die o.a. Künstler und ihre Galerien einfach das bessere/zeitgemäßere Marketing; will sagen: es gibt hier jede Menge solcher Künstler und Betriebe, diese sind nur einem lokalen Markt/besser informierten Publikum bekannt und eben nicht so einfach zu finden?

Man könnte einfach einwenden, es sei nunmal eine englische Tradition (stark von asiatischer Töpferei beeinflußt) aber ich meine eher den grundsätzlichen Ansatz, der von Leach formuliert wurde, weniger oder notwendigerweise die konkrete Ausdrucksweise, die der Ansatz im englischsprachigen Raum gefunden hat (und die bei näherem Hinsehen bei allen Parallelen ja durchaus unterschiedlich ist).

Hoffe, ich habe nicht laut "Jehova" geschrien und werde gesteinigt: ich weiß einfach noch viel zu wenig und würde mich über nachsichtige Antworten sehr freuen!

Schöne Grüße
TG

PS: im Anhang habe ich noch zwei Bilder der erwähnten Tasse hinzugefügt. Vielleicht kennt ja jemand die Töpferei und kann mir helfen, sie wiederzufinden.
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Ursula28
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Re: KeramikerInnen in der Tradition von Bernard Leach in Deutschland?

Beitrag von Ursula28 »

Warum ist das wichtig für Dich? Ich finde es gut, das wir Keramiker/Innen in De unseren eigenen Stil entwickel haben, losgelöst von "anderen" Einflüssen ( wir sind nätürlich nicht frei von Einflüssen ). Außerdem hat in Japan die Keramik einen anderen stellenwert. Da kostet eine Teeschale auch mal mehrere hundert €. Die könntest Du in De nicht zu den Preisen verkaufen. Mir gefällt z.B. die Tasse auf dem unteren Bild nicht auch wenn es eine Tasse von einem japänischem Keramiker ist.
Gruß Ursula
madame Alexis
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Re: KeramikerInnen in der Tradition von Bernard Leach in Deutschland?

Beitrag von madame Alexis »

Geht mir genauso...
Dieser Stil war in den Achtigern einigermaßen populär und wirkt heute meist eher altmodisch. Auch als Keramiker muß man sich weiterentwickeln, sonst gehst du unter, finanziell wie kreativ gesprochen. Ich selbst verstehe mich als Kunsthandwerkerin, da fließt beides mit ein, eine funktionale Form mit künstlerisch - ästhetischen Aspekten. Leach ist für mich zu sehr Handwerker und die japanische Tradition ist nicht meine...
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Tongrube
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Re: KeramikerInnen in der Tradition von Bernard Leach in Deutschland?

Beitrag von Tongrube »

Hallo Ursula,

mein Text war lang, das ist mir klar, aber schau doch bitte nochmal genau hin: die Tasse auf den Bildern ist von einer deutschen Töpferei in Süddeutschland, deren Namen ich leider vergessen habe. Für sachdienliche Hinweise bin ich dankbar.

Warum mir das wichtig ist? Weil es das ist, was ich machen möchte. Weil mich die Sachen, selbst wenn ich sie nur in Büchern und auf dem Bildschirm betrachte so sehr "packen" wie nichts sonst in dem Bereich.

Was "das" ist, konnte ich aber scheinbar noch nicht richtig erklären:

Es geht gerade nicht um "japanische Keramik" im engeren Sinne. Darum ging es auch Leach nicht - nicht einmal Hamada. Es geht um einen bestimmten ästhetischen Ansatz, den hier auszuführen zu lang dauern würde, den ich aber gerade bei der Generation, die in den 1960er/70er Jahren angefangen hat, als bekannt vorausgesetzt hätte (da kann ich mich aber irren!).

Den o.g. Töpferinnen und Töpfern zu unterstellen, sie würden (bloß) japanische Keramik nachmachen, wäre jedenfalls so unfair wie unzutreffend. Namentlich Phil Rogers nennt explizit auch mittelalterliche englische und v.a. deutsche Keramik (speziell salzgebranntes Steinzeug) als seine Inspirationsquellen - und das findet man in seinen Arbeiten auch wieder.
Für die genannten KollegInnen gilt ähnliches.

Es ist im englischsprachigen Raum eben ein eigener Stil daraus entstanden, auch wenn dieser starke asiatische (und da bei Weitem nicht nur japanische) Einflüße hat. Eher am Rande interessant finde ich, dass es auch im Westen durchaus Kunden gibt, die bereit sind, zumindest für Stücke von Stars der Szene, japanische Preise zu zahlen (darunter auch Deutsche...).

Was mich maßlos wundert ist, dass die Entwicklung in England (und den USA) in diesem Bereich in der deutschen (Gebrauchs-)Keramikszene scheinbar kaum rezipiert wurden - oder das solche Ansätze nach einiger Zeit wieder aufgegeben wurde, während es im englischsprachigen Raum in den letzten 20, 25 Jahren eine regelrechte Blüte gegeben zu haben scheint und sich auch zeitgenössische "einfache" Gebrauchskeramik - entsprechend hergestellt - als Kunst etablieren konnte, die in Galerien und Museen steht und von Sammlern auf der ganzen Welt gekauft wird.

Ich habe aber das starke Gefühl, dass ich da einen großen blinden Fleck habe (was die Lage hierzulande angeht)!

Also frage ich vielleicht nochmal anders: was ist denn dieser "eigene deutsche Stil", von dem Du sprichst? Mir fehlt da ganz sicher der Überblick aber es geht mir ja genau darum, diesen zu erlangen. Kannst Du mir ein paar Töpfereien nennen, die Du da als beispielhaft ansehen würdest? Falls das im Faden zu heikel ist, freue ich mich auch über Hinweise per PN.

Schöne Grüße
TG
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Ursula28
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Re: KeramikerInnen in der Tradition von Bernard Leach in Deutschland?

Beitrag von Ursula28 »

zum Glück haben wir in De nicht den Stil, sondern eine große, schöne Vielfalt.
atelierdgt
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Registriert: Freitag 30. März 2007, 20:37
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Re: KeramikerInnen in der Tradition von Bernard Leach in Deutschland?

Beitrag von atelierdgt »

Ja, ich finde die Vielfalt auch klasse.

Das ist doch toll, das Dich liebe Tongrube B.L und Co so begeistern.
Auch ich finde die Keramiken schön, möchte selbst aber meinen eigenen Stil produzieren.
Bei mir liegt die "Liebe"und die Inspiration in den 50 er Jahren. Da allerdings nicht im Handwerk sondern in den Pastellfarben der Industrie.
Nun bin ich 25 Jahre selbstständig und kann von meinem Beruf leben.
Das, ist für uns hauptberufliche Keramiker nicht "ganz unwichtig ".
An Deiner Stelle würde ich, wie Du es ja schon machst, weiter über Märkte gehen oder mir eine Werkstatt in England suchen, bei der Du ein Praktikum machen kannst.
Leider weiß ich auch nicht wo die Tasse her kommt.
LG Connie
Wer Rechtschreibfehler findet - darf sie behalten!!!!!
Maria Ortiz Gil
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Re: KeramikerInnen in der Tradition von Bernard Leach in Deutschland?

Beitrag von Maria Ortiz Gil »

Leute, Leute..., es geht doch weder darum irgend einen Stil zu etablieren oder zu verwerfen und Tongrube hat ja gar nicht geschrieben, dass es in England NUR diesen Stil gibt und dass das irgendwie besser sei. Möglicherweise hat sich der Stil dort mehr entwickelt, mag ja sein. Das bedeutet eben so wenig, dass es in England oder anderen Ländern keine zusätzliche Vielfalt gäbe und als Gegensatz dazu, nur in Deutschland keramische Vielfalt wäre.

Jemand sucht Austausch mit Keramikern, die ähnlich wie Leach oder manche Japaner arbeiten, und die findet er hier nicht auf Anhieb, und er macht er sich Gedanken darüber, weshalb das wohl so ist.
Mehr nicht.
Es gibt doch in Deutschland Leute, die mit Asche und Holzbrand arbeiten. Wer jemanden kennt, kann doch einen Vorschlag machen.

Übrigens möchte ich bezweifeln, dass hier jeder seinen eigenen Stil - frei von Einflüssen - entwickelt hat. Wenn man über den Töpfermarkt geht sollte man das bezweifeln.

Schönen Gruß
Maria
hille
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Registriert: Donnerstag 24. August 2006, 10:29

Re: KeramikerInnen in der Tradition von Bernard Leach in Deutschland?

Beitrag von hille »

Das ist jetzt zwar ein Niederländer, aber der Keramiker, der von den mir bekannten für mich am stärksten für das steht, wie ich Leach interpretiere, ist Niek Hoogland. Seine Arbeiten sind dabei stark in der europäischen Tradition. Leider lässt sich seine Seite z.Z. nicht öffnen, ich bekomm sie jedenfalls nicht auf, aber du kannst ja mal auf Facebook schauen.
Er ist auch viel auf Märkten in D und wenn du in Dortmund wohnst, ja auch nicht sooo weit weg.

Von wem die Tasse ist, weiß ich auch nicht.
atelierdgt
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Wohnort: Norddeutschland

Re: KeramikerInnen in der Tradition von Bernard Leach in Deutschland?

Beitrag von atelierdgt »

Moin, wo Du auch viele Werkstätten mit Bildern der Töpfe findest ist die Homepage des Tag der offenen töpferei.
Alleine Mecklenburg-Vorpommern hatte 90 Werkstätten.
Nur als Idee.
Liebe Grüße Connie
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Tongrube
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Re: KeramikerInnen in der Tradition von Bernard Leach in Deutschland?

Beitrag von Tongrube »

Hallo zusammen,

vielen herzlichen Dank an Euch alle für das Feedack. Maria hat gut auf den Punkt gebracht, worum es mir geht; für weitere Hinweise - auch per PN - bin ich dankbar.

@ Hille: Danke für den Hinweis auf Niek Hoogland! Der töpfert nur gut 1,5h von hier :daumen: - und hatte am letzten Wochenende TdoT :lol: . Na ja: wird er ja sicher wieder mal haben... .

Die Seiten des "Tages der offenen Töpferei" hatte ich schonmal konsultiert - aber tatsächlich nur im (weiteren) Umkreis von Dortmund gesucht. Da werde ich meine Suche nochmal aufnehmen und den Kreis größer ziehen. Tja, und ansonsten einfach auf Märkte gehen und mich dort umschauen.

Schöne Grüße
TG
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Ursula28
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Re: KeramikerInnen in der Tradition von Bernard Leach in Deutschland?

Beitrag von Ursula28 »

eine wichtige Vorraussetzung für Keramiker / Töpfer war ja, welchen Ton sie vor ihrer haustür gefunden haben. So sind die vielen Werkstätten mit Schlickermalerei in DE entstanden, da es oft niedig brennender Ton war den die Töpfer vor Ort zur Verfügung hatten. So entstand ja im Westerwald z.B. das dortige Salzglasierte Steinzeug. Oder im Odenwald die Schlickermalerei...... Vielleicht gibt es in DE deshalb andere keramische Kulturen als in England und Japan. Wir müssen nicht immer andere Kulturen aufs Podest heben. Gruß Ursula
Maria Ortiz Gil
Beiträge: 1012
Registriert: Dienstag 1. März 2016, 13:14

Re: KeramikerInnen in der Tradition von Bernard Leach in Deutschland?

Beitrag von Maria Ortiz Gil »

Liebe Ursula,

es ist doch gar nichts aufs Podest gehoben worden.

Danke für deine Erklärung, wie Traditionen aus den jeweils vorhandenen Bedingungen entstehen.
Hier und jetzt können wir über alle Materialien verfügen (das ist gut und schlecht zugleich), da vermischen sich die Traditionen, es entstehen neue Ableger.

Schönen Gruß
Maria
Fraxinus
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Registriert: Samstag 15. November 2014, 09:58

Re: KeramikerInnen in der Tradition von Bernard Leach in Deutschland?

Beitrag von Fraxinus »

Hallo Tongrube,

entlang der Ostsee gibt es etliche Leute, die mit Holz brennen.
Etwa Ute Dreis, siehe:
https://www.abgelegen.de/
und viele andere.
Vielleicht geht das in die Richtung, wonach du suchst?

Übrigens ist Norbert Hombergen ein überaus netter Keramiker-
Und dazu noch sehr hilfsbereit.
Er freut sich bestimmt über deinen Besuch/Anruf.

Schöne Grüße und viel Erfolg bei der Suche.
Andreas33
Beiträge: 138
Registriert: Sonntag 19. September 2010, 18:43

Re: KeramikerInnen in der Tradition von Bernard Leach in Deutschland?

Beitrag von Andreas33 »

... interessant, so eine Tasse habe ich auch, ursprünglich waren es mal 2 Tassen. Ich glaube ich habe sie mal in Dissen am Töpfermarkt gekauft. Blos hilft das jetzt leider nichts zur Sache.
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Tongrube
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Re: KeramikerInnen in der Tradition von Bernard Leach in Deutschland?

Beitrag von Tongrube »

Die Sache mit der Tasse hat sich aufgeklärt: sie stammt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von der http://www.toepferei-am-bach.de/.
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