Die aktuelle Situation in der Lehrlingsausbildung im Keramikerhandwerk und mögliche Auswege aus der Krise

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Günter
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Die aktuelle Situation in der Lehrlingsausbildung im Keramikerhandwerk und mögliche Auswege aus der Krise

Beitrag von Günter »

Die aktuelle Situation in der Lehrlingsausbildung im Keramikerhandwerk und mögliche Auswege aus der Krise

Interview mit Anne Schattka-Steinbruch (die Fragen stellte Günter Haltmayer)

GH: Die Ausbildungssituation in den Töpfereien war schon in den letzten Jahren sehr schlecht, weil viele Betriebe aus Alters- oder wirtschaftlichen Gründen den Betrieb verkleinerten oder ganz einstellten. Nach der gesetzlichen Erhöhung der Ausbildungsvergütung vor 2 Jahren wurde das nur noch schlimmer. Natürlich ist es begrüssenswert, wenn die Auszubildenden angemessen bezahlt werden, aber für den typischen Ein-Frau-Betrieb übersteigt das oft einfach die verfügbaren Mittel. Und die Aufstockung der Vergütung aus staatlichen Mitteln analog dem Bafög hat sich damit auch erledigt.
Von verschiedenen Seiten wurde versucht, eine gesetzliche Ausnahme für solche Kleinbetriebe wie die typischen Keramiker zu erreichen - das ist jedoch nach allgemeiner Aussage aller staatlichen Stellen völlig chancenlos („eine Ausnahme wollen alle...“) und wir müssen jetzt damit zumindest auf mittlere Sicht leben.
Anne Schattka-Steinbruch, Keramikerin in der Uckermark, möchte das einfach nicht auf sich beruhen lassen und versucht eine bundesweite Initiative zu starten, damit wir selber etwas gegen diese Situation tun, die auf lange Sicht den Bestand des Töpferhandwerks gefährdet.
Anne, stell dich doch bitte kurz vor:

Mein Name ist Anne Schattka-Steinbruch. Ich bin 42 Jahre alt und lebe mit meiner Familie seit 2013 in Thomsdorf in der Uckermark (nördlich von Berlin, Grenze zu Mecklenburg). Ich habe drei große Jungs, die sich in Ausbildung und im Abitur befinden und im letzten Jahr habe ich noch einen kleinen Sohn bekommen und hopplahopp da kommt noch was kleines im März ... hoffentlich nach dem Tag der offenen Töpfereien.
Ich habe mit 17 Jahren meine Ausbildung bei Joachim Jung in Glashangen angefangen und 2001 beendet. Danach bin ich in die Selbständigkeit gegangen und bilde seit 2009 regelmäßig einen Lehrling aus.
Ich stelle Gebrauchskeramik und Waschbecken her und mein Team in der Werkstatt umfasst 2 geringfügig beschäftigte Mitarbeiter und 1 Lehrling.

Wie ist nach deinen Informationen die aktuelle Lage auf dem „Ausbildungsmarkt“ für Töpfer?
Nach meinem Erleben ist die Nachfrage viel größer als das Angebot. Ich bekomme viele Anfragen, seit Gründung der Initiative auch vermehrt aus dem westlichen Teil Deutschlands.
Die Ausbildungswilligen sind verzweifelt, weil sie keinen Ausbildungsplatz finden. Es ist schlichtweg kein Angebot da. Es bilden zu wenige Betriebe aus. Das hat einerseits ihre Ursache darin, dass viele nicht mehr ausbilden wollen, weil sie zu alt geworden sind oder es nicht in Ihre Betriebsführung passt. Andererseits ist dafür auch die Einführung der Mindestausbildungsvergütung verantwortlich. Auch ich bin an der finanziellen Belastungsgrenze.

Die „Bundesinnung der Töpfer“ hat sich ja schon lange aufgelöst - auch etliche Landesinnungen. Was gibt es spezifisch für das Keramikhandwerk für Möglichkeiten, sich zu organisieren? Wie ist der Stand und was könnte man besser machen?

Jetzt in der Notlage wird klar, dass uns eine Interessenvertretung auf Bundesebene fehlt.
Es ist nötig das Problem der Ausbildungsförderung auf Ebene der Bundesministerien zu verhandeln. Der Verband des deutschen Kunsthandwerk versucht es gerade für seine Mitglieder. Viele Kollegen haben vor Ort in ihren Kreisen und Bundesländern schon versucht Hilfen zu bekommen und sind teils frustriert und ziehen sich zurück. Ich selbst empfinde es als wahnsinnig anstrengend überhaupt ins Gespräch mit Kollegen zu kommen. Meine Rundmails können nicht von allen gelesen werden, weil die Informationsstruktur über den Tag der offenen Töpfereien läuft und einige Kollegen damit überfordert sind diese Nachrichten weiter zu leiten. Zu aller erst brauchen wir einen Bundesverteiler, damit wir selber Informationen verteilen können.
Ich möchte mich versichern, dass ich im Sinne von vielen Kollegen agiere. Dazu braucht es zuerst Vernetzung.
Um Zeit zu sparen müssen wir Strukturen nutzen, die bereits existieren und kein zusätzliches Kapital kosten. Aber wir sollten erst einmal von einander wissen und uns zusammenfinden. ... Also meldet Euch unter: Keramikhandwerk@posteo.de

Was gibt es aktuell für Anstrengungen, irgendetwas an der Situation der Ausbildung zu verbessern? Von Seite der Verbände, der Innungen, von privater Seite?

Soweit ich informiert bin, ist das Thema in den Innungen präsent.
Was da allerdings genau läuft kann ich schlichtweg nicht sagen, weil ich dazu noch keine Informationen bekommen habe. Ich bitte auch hier um Vernetzung.
Der Verband des deutschen Kunsthandwerk hat eine Petition für Unterstützung der Ausbildung im Kunsthandwerk gestartet. Mal sehen wie viele Unterschriften zusammen gekommen sind.
Ich hatte noch die Idee, einen Ausbildungsfonds einzurichten, in den Keramikbetriebe, Kunden, Industrie ... etc. einzahlen können, um so die wenigen Betriebe, die ausbilden finanziell zu unterstützen. Nicht jeder kann und möchte ausbilden. Aber Viele haben selbst eine gute betriebliche Ausbildung machen können und sind sehr bereit diese durch eine kleine finanzielle Hilfe mit zu unterstützen. Einige Betriebe und die GLS Bank haben mir bereits angeboten sich finanziell zu beteiligen.
Meiner Meinung nach sollten wir diesen Fonds schnellstmöglich einrichten, über den die Betriebe vorübergehend, bis staatliche Hilfen kommen, entlastet werden. ... Der Kalkspatz hat bereits zugesagt das Fondskonto einzurichten und die GLS Bank Treuhandgesellschaft Hamburg ist mit Beratung und Finanzhilfe mit dabei. Das ist ein tolles Angebot, großes Dankeschön dafür! Nun braucht es Kollegen und Unterstützer, die das mit auf die Beine stellen. Aber es braucht noch mehr Ideen, wie wir die Ausbildungssituation in Deutschland verbessern. Ich hoffe dabei auf die Ideen und das Engagement von Kollegen, Innungen und Vereinen. Ich hoffe alle mal an einen Tisch zu bekommen...
Am 19. Januar findet auf meet.jit.si unter dem Stichwort Keramikhandwerkerhalten ein Treffen im Netz dazu statt.
Bitte nehmt einfach teil. Es ist wirklich ganz einfach mitzumachen.
Link:
https://meet.jit.si/Keramikhandwerkerhalten
Es geht schließlich darum unser Keramikhandwerk in der Tradition zu erhalten.

Der kalkspatz e.V., seit bald 35 Jahren als gemeinnütziger Keramiker-Verein ganz besonders dem Thema Ausbildung verschrieben und würde gern bei diesem Prozess helfen. Was können wir konkret machen?

Das Angebot der Kalkspatz e.V. ist sehr hilfreich. Ihr habt schon Erfahrung mit Vernetzung und Kommunikation, da braucht unsere Initiative Unterstützung.
Außerdem ist das OK für das Einrichten des Kontos für den Fonds schon ein großer Schritt.
Nun müssen wir Gelder eintreiben und Kollegen, Kunden und größere Unternehmen anfragen, ob sie den Fonds finanziell unterstützen. Ich habe an 5€ bis 20€ pro Monat gedacht, die jede*r Kollege*in einbringen könnte.
Alles weitere dazu sollte Thema auf dem Treffen im Netz am 19. Januar sein.
Gerne können Anregungen und Mithilfeangebote an Keramikhandwerk@posteo.de
geschickt werden.
Bobbl
Beiträge: 155
Registriert: Donnerstag 12. August 2010, 09:43

Re: Die aktuelle Situation in der Lehrlingsausbildung im Keramikerhandwerk und mögliche Auswege aus der Krise

Beitrag von Bobbl »

wenn es für Betriebe nicht möglich ist auszubilden, dann sollte doch die Stunde der Schulen schlagen. Ich finde die Ausbildung an der KFL nicht so schlecht, wie sie im letzten Jahrhundert oft gemacht wurde, ich finde sie eine umfassende Basis für unseren Beruf. Diesen Rat gebe ich Ausbildungssuchenden.
Ralf Kretschmann
Beiträge: 22
Registriert: Sonntag 14. März 2004, 17:19
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Re: Die aktuelle Situation in der Lehrlingsausbildung im Keramikerhandwerk und mögliche Auswege aus der Krise

Beitrag von Ralf Kretschmann »

:Ich bilde derzeit 5 Azubis aus.
Zahle ohne Jammern die Mindestausbildvergutung und jammere nicht. Mehr wie gesetzenlichen Urlaub gibt es auch
Wo ist der Fehler ?
Keramikatelier JP
Beiträge: 5
Registriert: Samstag 14. Februar 2009, 00:52
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Re: Die aktuelle Situation in der Lehrlingsausbildung im Keramikerhandwerk und mögliche Auswege aus der Krise

Beitrag von Keramikatelier JP »

Ralf Kretschmann hat geschrieben: Montag 2. Januar 2023, 21:49 :Ich bilde derzeit 5 Azubis aus.
Zahle ohne Jammern die Mindestausbildvergutung und jammere nicht. Mehr wie gesetzenlichen Urlaub gibt es auch
Wo ist der Fehler ?
Der Fehler ist das sich der ein Mann Betrieb es sich nicht leisten kann.
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