Terra Sigillata und Giessmasse für Terra Sigillata?

Maschinen, Werkzeuge, Tone etc.
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Abrasol
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Terra Sigillata und Giessmasse für Terra Sigillata?

Beitrag von Abrasol »

Bin im Begriff mit Terra Sigillata zu experimentieren und möchte einmal in die Runde fragen wer Erfahrung mit dieser Technik hat. Desweiteren möchte ich meine fertige Giessmasse (wenn möglich) so umändern, dass sie bei 800 Grad (der üblichen Schrühbrandtemperatur für diese Masse), nicht dicht brennt (das wäre ein wenig zu viel verlangt), sondern fest genug brennt, dass die Figuren und kleineren Objekte die ich herstellen will, solide genug sind.

Eventuell könnte ich sie auch zwischen 950 und 1000 Grad brennen, die für T.S. eher übliche Brenntemperatur, es wäre aber gar nicht übel, wenn ich beides, normaler Schrühbrand und Terra S. zusammen brennen könnte! Ok es ist ein wenig am Grenzbereich der "Vernunft" , aber da technisch so einiges möglich ist, frage ich mich wieso eigentlich nicht!?

Ich stelle an diese Ware auch keine grosse Ansprüche, sie sollen einfach nur, ähnlich wie Terra Cotta, stabil und fest genug für den "Hausgebrauch" sein.

Meine Standard-giessmasse ist eine Art industrielle Giessmasse die (soweit ich informiert bin) aus einer einzigen weißbrennenden Tonart besteht und bei der Sodium Silicate (Wasserglas) als Verflüssiger benutzt wird. Sie brennt (sintert) bei rund 1200°C dicht und reduziert dabei stark.

Die Giessmasse sollte nach der Umänderung eine gewissse Plastizität behalten, da ich verschiedene Teile montiere. Die Plastizität die die lederharte Masse im Originalzustand hat, ist gerade ausreichend, also möchte ich nicht dass sie noch davon einbüßt.

Mir stehen zur Verfügung: ein rotbrennder Ton den man bis 1200°C (aber nicht höher) brennen kann, ein anderer plastischer Steinzeugton (der zum Drehen benutzt wird) der aber etwas später, also erst ab 1250° sintert, und ein gelbfarbener ebenfalls recht plastischer, aber stark mit Sand und grobem Eisenoxid "verunreinigter" also durchwachsener, dafür extrem preiswerter Rohton (aus dem ich vorhabe meine Terra Sigillata zu gewinnen). Und dann eventuell Talkum, 3 Sorten Eisenoxid und andere handelsüblichen Rohstoffe.

Die Originalgiessmasse würde ich deshalb ganz gerne umändern, als eine ganz neue zu mischen, weil sie hier sehr preiswert und um die Ecke zu haben ist. Desweiteren fehlen mir jegliche Herstellerangaben über die zur Verfügung stehende Tonarten - Mehle gibt es nicht. In Thailand ist man in solchen Dingen nicht sehr erfinderisch, viele Werkstätten benutzen fertige Giessmasse aus 10 Galonenbehältern weil sehr preiswert und qualitativ hochwertig (8 Eurocent das Kilo, bei Abnahme ab 100kg). Wer macht sich da noch die Mühe Giessmasse selbst herzustellen?

Bin für jede Anregungen dankbar!
Carstens
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terra sigillata

Beitrag von Carstens »

Hallo Abrasol,

soweit mir bekannt, wird als TS eigentlich der rotglänzende Überzug bezeichnet. In der Literatur wird dieser Überzug als sehr feine Engobe
beschrieben, die durch wiederholtes Schlämmen und Verflüssigen aus
illitischen znd siliziumoxidhaltigen Tonen gewonnen wird. Der Name soll
gesiegelte Erde bedeuten, da früher mitunter ein Siegel an dieser Ware
angebracht war.

Soviel zu dem, was ich auch nur nachgelesen habe. Bei uns wurde bis in
die 70-er Jahre eine rote TS in großer Menge verarbeitet. Diese TS wurde
aus Material der örtlichen Tongrube hergestellt. Wir finden bei uns Ton, der geflammt vorkommt. Ein Spatenstich enthält, oft scharf abgegrenzt
weiße, wie auch blaue und rote Tonteile. Nach der Aufbereitung ergibt
sich eine ziegelrote Masse. Um eine TS herzustellen sammelte man
ausschließlich die roten Teile aus dem Ton. Diese wurden dann lange
unter Zugabe von Wasser und Calgon gemahlen. Wie lange, ist mir nicht
mehr gegenwärtig. Ich würde um 8 Stunden vermuten. Das Mahlergebnis
wurde dann mindestens einen Tag stehengelassen. Als TS fanden die
oben schwimmenden Teile Verwendung. Es war eine etwas seifige Lösung.
Der Calgonanteil mag etwa 1 Esslöffel auf 5 kg Ton sein. Ach so, Calgon,
damit ist das Zeug gemeint, was auch in die Waschmaschine kommt.
Gebrannt wurde bei 1040° auf roter Masse. Es hatte eine Oberfläche, die
vielleicht mit einer Sinterengobe vergleichbar war. Nur viel glatter. Ich
erinnere auch flächige Abblätterungen nach dem Brand, vemutlich wenn
die TS zu dick aufgetragen war oder der AK daneben war. Die sichersten
Ergebnisse ergaben sich auf Rohware ungebrannt.

Vielleicht kannst Du das gebrauchen
Carstens
Abrasol
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Beitrag von Abrasol »

Hallo Carsten,

Danke, ich hebe mich auch bereits "schlaugegoogelt" und bin gleich auf mehrere Verfahren gestossen, die sich teilweise ergänzen und auch wiedersprechen. Es geht von sehr anspruchsvollen genauen Verfahren, bis zum panschen, - von der Labortechnik, bis zur ganz einfachen "Bauernküche".

Es geht aber letztlich darum, NUR die allerfeinsten Teilchen in die Schwebe zu bekommen und abzuschöpfen. Angeblich hat sich ein Zusatz von je 0,25% Sodium Silicat(e) und 0,25% Sodium Carbonat(e) besonders gut bewährt bei 20 Stunden Standzeit.

Der Effekt der Entsteht ist eine Art aufgetragenes "Polish". Dadurch dass nur die allerkleinsten Teile, in ähnlicher Manier wie eine Engobe aufgetragen werden, liegen die Tonplättchen automatisch flach und ergeben nicht nur eine glänzende Oberfläche, die wie poliert aussieht (zuweilen schöne metallische Effekte aufweist) sondern vesiegeln sie zudem.

Der Effekt hebt sich aber leider bei höheren Temperaturen auf. Deshalb meine Frage nach einer niedrigbrennenden Giessmasse, bzw. der Umänderung meiner Steinzeugmasse. Mein erster Eimer T.S. steht bereits zum Ausdünsten in der Sonne. Nur meine Giessmasse ist nicht adekuat.

Also, das Einzige was mir noch fehlt, sind ein paar Tips ob und wie ich diese Giessmasse umändern kann...

Danke im Voraus!
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Milan
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niedrigbrennende (Giess)Masse

Beitrag von Milan »

Hallo Abrasol,
garnicht so einfach, sogar ziemlich an der Grenze.

Hauptsächlichst drei Methoden würde ich ausprobieren:
1. geringe Zugabe von Feldspat
2. geringe Zugabe von Kalk
3. und am erfolgreichsten wahrscheinlich: Zugabe von lokalem roten Ton oder Lehm, vielleicht etwas gesiebt, dürfte auch der Plastizität gut tun. Notfalls dann die Gießmasse nochmal mit einigen Tropfen Wasserglas verflüssigen.

Wenns dann immer noch nicht reicht würde ich versuchen Eisenoxyd und Borax einzuführen, (als reines B2O3, egal ob kalziniert oder nicht), dürfte de rBidlsamkeit aber nicht so gut tun...

Gruß Milan
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www.milan-keramik.de
Abrasol
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Beitrag von Abrasol »

Hi Milan,

Die "Textur" meiner Terra ist nach dem Auftragen ganz OK, schön fettig und glänzend, soweit Ok, aber wenn ich sie auf 1200+ brenne, verschwindet der Glanz total, wie befürchtet. Es bleibt ein mattes (entschuldige den Ausdruck) "shiet-braun".

Ich denke wir können den Schrühbrand bis 900° hochtreiben, also verschieben wir die Grenze ein wenig...

Was meinst du mit "wenig" Feldspat - und ist Kalkspat (setzt ganz sicher den Sinterpunkt herunter) Ok?

Der rote Ton der mir zur Verfügung steht sintert erst knapp unter 1200, wohl weil er extrem mager ist (für einen roten Ton).

Die Terra S. gewinne ich aus einem gelben Ton - eventuell von dem beimengen?

Danke für die Tips!
Avhaline
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Ist schon interessant..

Beitrag von Avhaline »

Schon spannend, wie je nach Hintergrund Begriffe - selbst welche, die als Fachbegriff angenommen werden - unterschiedliche Bedeutungen haben können.

Für mich ist - mit dem geschichtlichen Aspekt im Hinterkopf - Terra Sigilata erstmal die Kermikkunst der Römer, also das Töpfern in Gipsformen, die eine kunstvolle Refliefverzierung beinhaltet. Vornehmlich sehr reale Darstellungen. Das hiesige Römermuseum hat eine riesige Sammlung an solcher Keramik.

Hab dazu was nettes gefunden: Terra Sigillata in Augst

In meinem kleinen schlauen Buch (zuhause...) hab ich aber mittlerweile auch eine Rezeptur für die Mischung gefunden. Normalerweise rotbrennend. Ich schaue heute Abend mal nach.
Abrasol
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Beitrag von Abrasol »

@Avhaline,

Das gibt's wohl sehr häufig. Wenn der Töpfer von Steinzeug redet, meint er damit vor allem die Qualität des Tons und eventuell andere technischen Dinge, wie hochbrennender Ton und die entsprechende Glasur. Der Temperaturbereich ist hier quasi ausschlaggebend. Der Verbraucher oder Liebhaber hingegen interessiert der technische Hintergrund eher wenig, er identifiziert Steinzeug ebenfalls mit den bekannten und klassischen Formen , und dann erst mit Qualität - und wenn überhaupt mit technischen Details, wie etwa Brenntemperatur.

Terra Cota ist ebenfalls so ein Ausdruck, dem man erst nachträglich nach gleichem Muster verschiedenartig definiert hat. Manche denken da an erster Stelle an die Objekte, wie Gartenkeramik, andere sehen es als niedrigbrennenden unglasierten Ton :wink:

"Gebackene- und versiegelte Erde", das kann allerhand bedeuten, und deshalb wird es wohl verschieden ausgelegt, bzw. asoziert der Einzelne es (in erster Instanz) auch mit verschiedenen Dingen... den "richtigen" Zusammenhängen die ihm am nächsten stehen.

Es haben mich schon Leute gefragt, wie man Keramik eigentlich definiert, bzw. was überhaupt Keramik ist und was nicht. Als ich dann meinte dass das alles umspannt, was es so an Tonerzeugnissen gibt, fragte Frau an der Stelle, ob ihre heißgeliebte Terra Cotta denn nun auch Keramik sei?

Kann ich etwas dafür wenn Terra Cotta besser als Keramik klingt??? :roll:

Vielleicht essen deshalb manche Menschen auch lieber Früchte als Obst, oder Konfitüre anstelle von Marmelade...
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