Vorbereitung von Ton zum Henkeln

Diese Rubrik ist für alle die noch ganz neu zum Thema Ton gekommen sind und Hilfe bei den absoluten Basisthemen benötigen.
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Tongrube
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Vorbereitung von Ton zum Henkeln

Beitrag von Tongrube »

Hallo zusammen,

bei nächster Gelegenheit möchte ich mal versuchen, zu Henkeln (gezogene Henkel). Bisher habe ich das nur zwei Male unter Aufsicht gemacht. Das war erst am Tag nach dem Drehen mit schon recht fest lederharten Gefäßen, was mir im Nachhinein nicht ideal erscheint (hat dank Kratzen und Schlicker aber zumindest den Schrühbrand überstanden). Für die ersten eigenen Gehversuche habe ich eine Detailfrage:

Wenn ich es richtig verstanden habe, sollten Gefäß und Henkel möglichst etwa gleich feucht sein. Der Henkel gern einen Tick feuchter. Wie bereite ich den Ton für die Henkel vor? Forme ich mein Tonstück zum Henkelziehen nach dem Drehen der Gefäße, lagere es genauso, wie diese und ziehe dann die Henkel, wenn ich Henkeln will? Oder ziehe ich die Henkelrohlinge nach dem Drehen und lasse diese dann mit den Gefäßen abtrocknen?

Mir ist das Timing irgendwie überhaupt noch nicht klar. Würde mich über Hinweise und Tips freuen.

Schöne Grüße

TG
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Günter
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Re: Vorbereitung von Ton zum Henkeln

Beitrag von Günter »

Hallo, ich weiss nicht, was dir gezeigt worden ist, aber traditionelles Henkeln erfolgt mit weichem Ton an lederhartem Gefäß. Von Gabi Winterl schön gezeigt https://www.youtube.com/watch?v=XQBKiRqEJGQ
Als Töpferlehrling bekommt man zum Üben einen vollen Wassereimer hingestellt, an dem muss man dann rundum Henkel ziehen, bis man Routine hat. Normalerweise lernt man das in einer Stunde, ist wirklich nur Übung.
Natürlich gibt es auch andere Methoden, wenn man zB. raffinierte Henkel gestalten will. Da ist dann die Henkelpresse Gold wert, denn da kann man mit den Mundstücken wirklich exotische Henkel formen, die dann wieder auf das lederharte Stück angepappt werden, sobald man sie in die Hand nehmen kann.
Viel Spass (Henkelziehen ist geil...)
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Tongrube
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Re: Vorbereitung von Ton zum Henkeln

Beitrag von Tongrube »

Hallo Günther,

vielen Dank für den tollen link!
Gezeigt worden (im betreuten Henkeln...) ist es mir in einem Kurs genau so - und da ich davon ausgehe, dass hierzulande auf diese Weise seit etwa 978 erfolgreich gehenkelt wird, werde ich es dann auch mal genau so angehen :daumen:.

Was ich beschrieb (möglichst gleich feucht), habe ich aus einer Anleitung aus dem amerikanischen Raum und ich las davon auch hier in alten Beiträgen. Namentlich genannt war Ruthanne Tudball, von der geschrieben wurde, dass sie direkt nach dem Drehen mit entsprechend frischem Ton henkelt, was ich mir ziemlich anspruchsvoll vorstelle. Die töpfert aber angeblich schon ein bisschen länger als ich... :wink:

Schöne Grüße

TG
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Maria Ortiz Gil
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Re: Vorbereitung von Ton zum Henkeln

Beitrag von Maria Ortiz Gil »

Hallo Tongrube,

Vorweg: der Begriff "Henkel ziehen" ist etwas irreführend. Man zieht nicht, wie wenn man an einer Schnur ziehen würde, sondern man streicht und schiebt Masse von oben nach unten. Das ist wohl dem Melken ähnlicher als dem Ziehen an einer Klospülung.

frisch gedrehte Gefäße zu henkeln, ohne sie dabei zu verbeulen, dürfte wohl kaum gelingen. Selbst dann wäre ein weiterer Nachteil, dass beim Abdrehen immer der Henkel stören würde. Vielleicht meinte diese US-Amerikanische Keramikerin, dass sie gleich nach dem Abdrehen henkelt. So mache ich das auch, aber da ist das Gefäß ja schon lederhart.

Ich nehme dazu frischen Ton, mache kurze, konische Würste, die an der oberen Ansatzstelle etwas dicker sind, als der Henkel später werden soll, dafür aber kürzer sind als der spätere Henkel. Diese schneide ich schräg an, so dass sie beim Ansetzen an die Tasse automatisch nach oben abstehen. Selbstverständlich mit Ankratzen usw.

Dann verstreiche ich diesen relativ dicken Ansatz so an die Tasse, dass es aussieht, als ob ein Ast aus einem Baumstamm wächst, also ohne Knick. Wenn man dicke Finger hat, kann man dazu auch ein rundes Modellierholz quer nehmen. Um das zu machen greife ich in die Tasse mit der linken Hand (bin Rechtshänderin) und kippe sie so, dass diese konische Wurst senkrecht absteht, so kann sie nicht abknicken. Dann setze ich die Tasse wieder auf den Tisch ab, in dem ich den abstehenden Henkelrohling mit der anderen Hand unterstütze, immer um ein Abknicken zu verhindern.

Danach drehe ich die linke Hand so nach aussen, dass der Daumen von mir weg scheint und ich die hohle Handfläche schauen kann. MIt dieser verdrehten, hohlen Hand, greife ich die Tasse wieder von aussen unter dem Henkel und kippe sie so, dass der dann nach unten zeigt und die Öffnung zu mir schaut. Dabei muss man darauf achten, dass DIE ÖFFNUNG BEIM ZIEHEN IMMER LEICHT NACH UNTEN ZEIGT.
Wenn man dann anfängt am Henkel zu ziehen, bleibt der Ansatz später automatisch leicht aufwärts, hat also nachher eine schönere Spannung, weil er dann nicht so traurig von der Tassenwand gleich nach unten zeigt.

Wenn der Henkel gezogen ist, wird er meist zu lang. Das ist vollkommen ok.
Ich stelle dann die Tasse wieder auf den Tisch und unterstütze dabei weiterhin den inzwischen durch das Ziehen sehr feuchten und schlappen Henkel, immer damit er nicht abknickt.

Dann greife ich die Tasse wieder von innen, stelle den Henkel mit Hilfe meiner unterstützenden Hand hochkant und spanne ihn wie einen Bogen bis zu der Stelle, an der er unten angeklebt wird.
Diese Stelle kratze ich normaler weise nicht an. Ich schaue dann, ob er auch schön unterhalb der oberen Ansatzstelle sitzt.
Beim Andrücken mit dem Daumen knipse ich mit den Fingern das zu lange Stück ab und verstreiche den unteren Ansatz. Dabei kann man schön eigene Muster ausprobieren, die nachher charakteristisch für die eigene Ware sind.

Eine gute Möglichkeit um zu üben sind Glasgefäße, an denen der Ton wunderbar kleben bleibt, und an denen man die Handgriffe gut wiederholen kann. Das ist etwas leichter, als der von Günter erwähnte Eimer. zum Beispiel Honiggläser oder ähnlich.

Dann gibt es noch die Möglichkeit Henkel zu füttern. So nennt man es, wenn man den unteren Ansatz noch verstärkt.
Dazu fügt man Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger zusammen. Ein kleines, längliches Stück Ton mit etwas Wasser zwischen diesen drei Fingern vorsichtig gerieben, bekommt automatisch einen dreieckigen Querschnitt. Dieses nasse, weiche Stückchen kann man in die spitzwinkelige Lücke am unteren Ansatz zwischen Tassenwand und Henkel einlegen, leicht andrücken und was links und rechts übersteht nach unten verstreichen. Das verstärkt und es sieht auch gut aus.

Am schwierigsten ist es am Anfang eine schöne Linie hin zu bekommen, aber das wird mit der Zeit.

Darüber hinaus gibt es viele verschiedene Möglichkeiten Henkel zu machen.
Rollen, Drücken, ausschneiden, Ringe drehen, lederhart schnitzen usw.
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Tongrube
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Re: Vorbereitung von Ton zum Henkeln

Beitrag von Tongrube »

Danke Dir Maria für die ausführliche Beschreibung :-).
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Dreckspatz
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Re: Vorbereitung von Ton zum Henkeln

Beitrag von Dreckspatz »

Hallo zusammen
Es gibt für die Anfänger sogar eine tonschlinge mit der man aus frischem ton eine gleichmäßige henkel-schnur schneiden kann. Henkelzieher. Hat mir geholfen am Anfang, weil ich mit den henkel Proportionen stetig kämpfen musste. Sonst mache ich es wie Maria es schön beschrieben hat.
LG chris
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Tongrube
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Re: Vorbereitung von Ton zum Henkeln

Beitrag von Tongrube »

Hallo Chris,

vielen Dank für den Hinweis! Einer von den beiden Henkeln, die ich mal unter Anleitung hergestellt habe, ist viel zu groß für das kleine Kännchen, das ihn tragen muss. Ich glaube deshalb, ich weiß, was Du meinst. Es gibt ja auch Pressen, mit denen man u.a. Stränge für Henkel pressen kann.
Aber ich möchte es gern "zünftig" angehen. Das ist einfach meine persönliche Einstellung und ich möchte das keinesfalls verallgemeinern. Und da das alles v.a. Übung ist, will ich es gleich auf die klassische Weise angehen.

Bis das einigermaßen klappt, werde ich mich also erstmal an einem Honigglas auslassen - und mich darüber freuen, dass man Ton wiederaufbereiten kann :-)... .

Schöne Grüße

TG
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Maria Ortiz Gil
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Re: Vorbereitung von Ton zum Henkeln

Beitrag von Maria Ortiz Gil »

Mit einer Schlinge geschnittene Henkel oder solche aus einer Henkelpresse sehen wesentlich anders aus als gezogene, da sie oben und unten den gleichen Durchmesser haben, was aber nicht bedeutet, dass sie deshalb schlechter sind. Die gezogenen sind halt handwerklicher.
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Tongrube
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Re: Vorbereitung von Ton zum Henkeln

Beitrag von Tongrube »

Hallo zusammen,
nochmal eine schöne Anfängerfrage zum Schmunzeln. Ich übe (aus Gründen) zurzeit mit einer Rakumasse. Diese enthält knapp 40% Schamotte 0-0,2mm.

Kann es sein, dass das nicht die ideale Masse ist, um die ersten Henkel zu machen (natürlich gleich an Krüge, sonst wäre es ja langweilig :roll:...)?

Oder liegt es NUR an mangelnder Übung?

Schöne Grüße

TG
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Tongrube
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Re: Vorbereitung von Ton zum Henkeln

Beitrag von Tongrube »

Ich glaube, ich kann mir die Frage inzwischen selbst beantworten :lol:....
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Bertram
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Re: Vorbereitung von Ton zum Henkeln

Beitrag von Bertram »

Zum henkeln üben hilft anfangs ein geschrühter Zylinder. Da muss man schon mal nicht auf das Verformen des Gefäßes achten.
Da beim henkeln die Gefäße unterschiedlich feucht und weich sind, deckt man sie nach dem Henkel anbringen meist für eine Weile (über Nacht bei mir) mit einer Folie ab. Oder man hat andere Feuchthaltemöglichkeiten. Bei mir sind das zB alte Kühlschränke. Dann passt sich das mit der Schwindung an.
Kenkeln lernen mag bei manchen binnen Stunden klappen. Ich tat mich extrem schwer. Also wenn es nach Stunden nicht klappt - weiter üben!

Anfangs hilft es, wenn man die frisch gehenkelten Gefäße mit dem Boden nach oben stellt, Dann "hängt" sich der weiche Henkel von allein in eine bessere Form. Als Stift hieß es im Lehrbetrieb: der von Henkel und Gefäß begrenzte Raum soll aussehen wie ein Engelsflügel. Also wenn man sich den Henkel von der Seite betrachtet. Form, Größe, Stil - da entwickelt man dann seine eigene Formensprache. Wie immer beim töpfern. Erst Handwerk können, dann kommt die Kür.
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Tongrube
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Re: Vorbereitung von Ton zum Henkeln

Beitrag von Tongrube »

Lieber Bertram,
vielen Dank für die Tips und die aufmunternden Worte: ich werde dran bleiben :daumen: !
Hier mal das Ergebnis meiner Bemühungen gestern. Das die Henkel erst etwas fallen ist tatsächlich Absicht, die Proportionen stimmen hingegen noch nicht - aber für den Anfang kann ich echt zufrieden sein, denke ich. Trocknen tue ich die Krüge jedenfalls schön langsam (Folie drüber zum Feuchtigkeitsausgleich, täglich nur ein paar Stunden offen).
Krüge.jpg
Bin gespannt, ob sie den Schrühbrand überstehen...

Schöne Grüße
TG
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hille
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Re: Vorbereitung von Ton zum Henkeln

Beitrag von hille »

Für den Anfang sehen die doch gar nicht so übel aus. Was die Proportionen betrifft, wenn dir der frische Henkel ein klein wenig zu groß vorkommt, dann ist er nachher richtig.
Ich decke frisch gehenkelte Ware übrigens nicht ab. Wenn man zum richtigen Zeitpunkt und mit Aufrauen und Schlicker gehenkelt hat, dann ist das gar nicht nötig. Und wenn bei mir mal Ware schon ein bisschen zu trocken war, dann hat das Abdecken auch nichts gebracht. Der Henkel ist zwar anfangs natürlich feuchter, aber andererseits trocknet er auch schneller, weil er's schön luftig hat.
Von daher, man kann's machen, aber ich finde es eigentlich unnötig und im ungünstigen Fall bleibt die Folie noch an einem Henkel kleben und man verformt ihn.
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Tongrube
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Re: Vorbereitung von Ton zum Henkeln

Beitrag von Tongrube »

Danke für die Tips und die Ermunterung, liebe Hille!
Gerade bei dem stark schamottierten Ton ist das wahrscheinlich übertrieben, da hast Du sicher Recht. Ich werde das noch bis Sonntag so machen, dann fahre ich für ein paar Tage weg und werde die Krüge ab da offen stehen lassen, damit ich in der zweiten Aprilhälfte brennen kann.
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Maria Ortiz Gil
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Re: Vorbereitung von Ton zum Henkeln

Beitrag von Maria Ortiz Gil »

Hallo Tongrube,

da die Henkel nicht über den Rand stehen, kannst du die Krüge auch auf die Öffnung stellen, das empfiehlt sich sowieso, bei allen Gefäßen, weil sie dann gleichmäßiger trocknen. Natürlich muss die Unterlage schön glatt sein, damit die Trockenschwindung nicht behindert wird und die Öffnung dadurch nicht vereiert. Den Henkel in Richtung Wand drehen, damit er von den "Aufwinden" am Regal nicht zu viel Zugluft abbekommt. Und dabei aufpassen, dass man nicht über die Unterlage schrappt. Zum Umstellen immer schön vorsichtig hoch nehmen und senkrecht abstellen, wie wenn ein Hubschrauber langsam landet. Dadurch bleiben auch Füße und Böden schön glatt und bekommen keine Kratzer.

Zu deinen Henkeln möchte ich dich erst mal beglückwünschen, da sie so gleichmäßig geworden sind und du kannst stolz darauf sein, aber ich habe auch eine kleine Anregung: Der "Witz", oder Sinn vom Henkel ziehen ist ja, dass man solche mit einem besonders geformten Querschnitt machen kann. Du hast jetzt mit welchen angefangen, die einen runden Querschnitt haben, das ist für den Anfang auch sicher gut um Übung beim Ziehen zu bekommen, aber solche könnte man eigentlich auch viel einfacher rollen, ohne dass man sie überhaupt ziehen braucht.

Schönen Gruß
Maria
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