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Cremeweiß/Beige wird blau

Verfasst: Donnerstag 25. Januar 2024, 18:19
von BrennNessel
Hallo!
Demnächst möchte ich mich auf einen Ton festlegen und dann auch systematisch mit dem Testen von passenden Glasuren beginnen (und irgendwann mal selber machen :-)).
Mir gefallen die roten Tone und ich möchte über 2200 Grad brennen. Nun hat sich in meinen bisherigen noch unsystematischen Versuchen folgendes Schema gezeigt:
Weißgelbe Glasuren mit Flux bekommen auf rotem Ton einen Blaustich. Im Bild z.B. Amaco „Honey Flux“, aber auch mit einer Oatmeal und einer Nuka-Glasur ist mir das passiert. Sieht nicht unbedingt schlecht aus - wenn man‘s Blau will; will ich aber nicht.

1) Woran liegt das?
2) Lässt sich das vermeiden? Oder muss ich mich vom roten Ton verabschieden?

Dankeschön!
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Re: Cremeweiß/Beige wird blau

Verfasst: Donnerstag 25. Januar 2024, 19:30
von BrennNessel
Oatmeal (oberer Rand):
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Re: Cremeweiß/Beige wird blau

Verfasst: Freitag 26. Januar 2024, 13:05
von Ursula28
Hallo,
1. wie trägst Du die Glasur auf ?
2. ist die Glasur möglicherweise zu dünn aufgetragen ?
3. wenn Du tauchst, war der Glasurschlicker gut aufgerührt ?
4. oder passt einfach die Glasur und der Scherben nicht zusammen ?
Das 1. Bild, da sieht mir die Glasur aus, als hat die Glasur nicht genug Temperatur gehabt.
Nach Herstellerangabe braucht sie 1200 C°. Die Scherbenfarbe 1. Bild sieht mir recht hell aus.
Du kannst beim nächsten Brand mit Segerkegeln überprüfen, ob Dein Ofen die erforderlich Temperatur erreicht.
https://www.google.com/imgres?imgurl=ht ... gQegQIARBS

Gruß Ursula

Re: Cremeweiß/Beige wird blau

Verfasst: Freitag 26. Januar 2024, 14:18
von BrennNessel
Vielen Dank für die Nachfragen und Hinweise!
Ja, mein Ofen hat die Temperaturen erreicht; oben (Seifenschale) mit 4 gepinselten Lagen (Unterseite 3 Lagen) bei 1200 Grad gebrannt, denn das ist die Obergrenze für diesen Ton, dafür 45 Minuten gehalten; Temperatur mit Kegel 5 von Jäger (1205 Grad) bestätigt;
Unten (Rand Espressotasse) 1250 Grad Brenntemperatur, 20 Minuten gehalten, Kegel 7 war leicht geneigt, 3 gepinselte Lagen (über 3 Lagen Cosmic Oil Spot, diese habe ich aber nicht bis ganz hoch gezogen).

Alle drei Glasuren (inkl. der zuvor erwähnten Nuka) habe ich auch schon zwischen 1200 und 1260 auf hellem Steinzeugton gebrannt und da waren die Farben wie erwartet.
Auf Glazy.org habe ich mir dazu auch diverse Creme/Beige/Gelb bis hin zu Hellgrün Glasuren angesehen. Dort, wo es überhaupt Beispiele auf rotem/braunen Ton gibt, ist ebenfalls häufig ein Blaustich zu sehen.

Ich vermute daher irgendeine chemische Reaktion zwischen dem Oxidgemisch in den Glasuren mit dem im roten Tonkörper. Aber scheinbar nicht in allen roten Tonen 🤷!? Bevor ich mich jetzt bis zum Nimmerleinstag durch die roten Tone teste, dachte ich eben, frage ich mal, ob jemand das kennt und vielleicht den Grund weiß bzw. bei welchen Tonkörpern das passiert und bei welchen nicht.

Re: Cremeweiß/Beige wird blau

Verfasst: Freitag 26. Januar 2024, 15:40
von tuxpert
Liebe BrennNessel,
um etwas Licht ins Dunkel zu bringen: Der Effekt den du beobachtest ist typisch für einen Borschleier. Durch Entmischung und Ausscheidungen im kolloidalen Größenbereich tritt eine Blaufärbung auf von Glasuren auf dunkler Engobe oder dunklem Scherben auf. Die Chemie und Grenzformeln dazu findest du im Matthes Kapitel 2.5.5.5 oder vermutlich auch in anderen guten Glasurbüchern.
Ehrlichgesagt finde ich den Effekt sehr gelungen - ich würde das als "happy little accident" hinnehmen und gezielt einsetzen.
Zu deiner Frage ob sich das vermeiden lässt: Ja, du brauchst einfach Glasuren die keinen Borschleier bei Eisenübersättigung macht - also eine weitgehend borfreie Glasur (Bor ist aber in dem Brennbereich um 1200°C den du anstrebst ein weitverbreitetes Flussmittel). Ich würde, wenn du nicht selbst mischen willst, mit den Glasurherstellern direkt Kontakt aufnehmen und gezielt nachfragen.
lg,
tuxpert

Re: Cremeweiß/Beige wird blau

Verfasst: Freitag 26. Januar 2024, 16:58
von BrennNessel
Oha, das ist ja interessant!
Das erklärt so Einiges, z.B., warum der Effekt eher fließende mid-range Glasuren betrifft wie hier zB das Honey Flux und Oatmeal von Amaco. Die Nuka-Glasur, bei der mir das auch passiert ist, hatte mir eine Töpferin als Probe geschenkt mit der Aussage, sie habe diese „für Cone 6 runtergeschraubt“ - dann wohl mit ordentlich Gerstley Borate ;-).

Herzlichen Dank, tuxpert, für‘s Wissen teilen!!! Deine Antwort hilft mir riesig weiter. Ich bin nun froh, denn ich muss mich nicht von meiner Vorliebe für dunklen Ton verabschieden. Wenn ich demnächst „meinen“ Ton gefunden habe, dann werde ich mich ans Glasuren entwickeln machen - und dann habe ich jetzt schonmal eine grobe Idee, auf was ich bei den Farben/Eigenschaften, die ich anstrebe, achten muss, wenn ich es eben nicht Blau haben will.
Und wenn‘s doch irgendwann mal Blau sein soll und ich mir Kobalt nicht leisten kann, dann weiß ich jetzt auch, was ich mache :D .
Den Matthes habe ich noch nicht, aber inzwischen oft gehört; nun ist es endgültig Zeit, dass er ins Haus kommt…

Danke!

Re: Cremeweiß/Beige wird blau

Verfasst: Freitag 26. Januar 2024, 20:32
von carboncookie
Warte mit dem Matthes noch kurz. Der kommt bald als Neuauflage in einem Doppelband raus.

Re: Cremeweiß/Beige wird blau

Verfasst: Samstag 27. Januar 2024, 15:01
von BrennNessel
Guter Hinweis, dann gedulde ich mich noch!

Re: Cremeweiß/Beige wird blau

Verfasst: Samstag 27. Januar 2024, 17:51
von madame Alexis
Hallo,
Ich kenne den Effekt, auch ganz ohne Bor. Liegt an der Transparent der Glasur auf gefärbtem Scherben. Ist ein optisches Phänomen, kein chemisches. Auch ne Möglichkeit...
Kannst du einfach testen, indem du eine Stelle auf deinem roten Ton weiß engobierst. Borschleier ist immer, Optik nur auf dem roten Teil.
Liebe Grüße,
Alex